[Etymologie-Newsletter] Etymologie-Newsletter 2003.04

Horst Conrad conrad-horst at t-online.de
Sat Apr 12 18:28:52 UTC 2003


     

Etymologie-Newsletter 2003.04 

Etymologie, Etymology, Wortgeschichten
Die Lehre von der Wortherkunft 

Link zur HTML-Version: www.etymologie.info/etnl/etnl2003.04.html


Inhalt
Begruessung / Feedback / Korrekturen / Vorwort 
Wortgeschichten 
Linktipps 
Buchtipps 
Impressum 



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Begruessung / Feedback / Korrekturen / Vorwort
Liebe Etymologie-Amateure (und Profis), 

ich begruesse Sie zum neuen Etymologie-Newsletter 

Heute gibt es wieder ein paar untergehende Begriffe zum goutieren.
Als Linktipp gibt es heute drei Lexikas - keine etymologischen aber mit etymologischen Hinweisen.
Und die Buchempfehlungen behandeln einmal etwas ganz Altes und einmal etwas ganz Neues. Entscheiden Sie selbst, wohin Sie tendieren. 

Das Wort des Monats April ist "Alkohol".
Die Wortgeschichte von Christoph Gutknecht ist auf dem Etymologie-Portal in der linken Navigationsleiste unter "Das Wort des Monats auf www.etymologie.info" aufzurufen. 


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Wortgeschichten
Heute möchte ich die Reihe "untergehende Begriffe" fortführen.
Vor ein paar Tagen hörte ich mich plötzlich sagen "Ich bin nicht davor 'gefeit' ...". Und gleichzeitig fragte ich mich, was das denn genau bedeute, d.h. was denn das vermutete 'feien' bedeutet. Ich nahm den Faden bei nächster Gelegenheit auf und gelangte von 'gefeit' zu 'feien', 'Fee', 'weihen', 'widmen', 'Witwe' zu 'grüne Witwe'. 


feien (W2)
(L?) 
Ich kenne das Wort 'feien' nicht. Allerdings benutze ich ab und zu den Ausdruck 'gegen etwas gefeit sein' oder eine ähnliche Form. Dieses fast ausgestorbene 'feien' geht zurück auf ein mhd. 'veinen' = 'nach Art der Feen durch Zauber schützen' (mhd. 'fei(e)' = 'Fee'). 


Fee (W?)
(L?) 
Die 'Fee', die Zauberin kommt meist im Paar vor, einmal als gute und einmal als böse 'Fee'. Beide stammen ab von der lat. 'Fata' = 'Schicksalsgöttin' (Das lat. 'fatum' = 'Schicksal' war neutral und konnte Gutes und Schlechtes gleichermassen bringen.)
'Fatalerweise' konnten beide ihrem Schicksal nicht entgehen über das frz. 'fée' = 'Fee, Zauberin' in die deutsche Sprache einzugehen. 


weihen (W?)
(L?) 
Obwohl man einen Zusammenhang von 'feien' mit 'weihen' vermuten könnte, geht 'weihen' auf ahd. 'wihen' bzw. 'wih' = 'heilig' zurück und bedeutet damit 'heiligen'. Zu erkennen ist dies noch in 'Weihnacht'. Die Bezeichnung lässt sich noch weiter auf heidnische Ursprünge zurückführen, dem lat. 'victima' = 'Opfer(tier)', das 'dem Opfer geweihte' (Tier). Im Englischen hat 'victim' noch diese Bedeutung.
Ich denke damit sollten Sie in die Geheimnisse von 'weihen' eingeweiht sein. - Und ich überlege, ob 'feihen' nicht doch etwas mit 'weihen' zu tun hat. 


widmen (W?)
(L?) 
geht auf ein ahd. 'widimen' bzw. 'widimo, Wittum' zurück. Dieses 'Wittum' war nach germanischem Recht eine Vermögensleistung des Bräutigams an die Braut bei der Eheschließung und sollte u.a. im Falle des Falles die Versorgung der Witwe gewährleisten.
Ob die Zeit, die man einer Sache widmet immer einer Versorgungsvorsorge dient hängt heute allerdings stark von der Sache ab, der man seine Zeit widmet.
Über das griech. 'hedna' ist es mit 'Mitgift' verwandt. Und weiter hängt es mit dem idg. Stamm '*uedh' = 'heimführen, heiraten' zusammen. Im Litauischen heisst der 'Freier' z.B. 'vedys'.
(Die Zeit, die ich dem Etymologie-Portal 'widme' ist in diesem Sinne sicherlich schlecht investiert und trägt im Sterbensfall sicherlich nicht zur 'Witwen'-Versorgung bei.) 


Witwe (W?)
(L?) 
Die 'Witwe' von ahd. 'wituwa' ist 'die (ihres Mannes) Beraubte'. Interessant ist, dass die 'Witwe' auf einen idg. Stamm '*ueidh' = 'trennen' zurückgeht (womit übrigens auch das lat. 'di-videre' = 'trennen' zusammenhängt. Wenn man dies nun mit dem Stamm '*uedh' = 'heimführen, heiraten' vergleicht, könnte diese auch die 'Trennung (der Frau) von der Familie' bedeutet haben. 


Witwe - gruene Witwe (W?)
(L?) 
Eine Ehefrau, die das Pech hat(te) den Tag in ländlicher Umgebung (also 'im Grünen') allein in ihrer Wohnung verbringen zu müssen nennt man 'Grüne Witwe'. 


klor (W2)
(L?) 
Das saarländische Wort 'klor' ist ein sehr vielschichtiges Wort. In der Aussage 'das ist klor' bedeutet es etwa 'das ist interessant, spassig, sonderbar'. Wohingegen es in der Aussage 'du bischt velleicht klor!' bedeuten kann 'bist du jetzt durchgedreht?'. Es kann also je nach dem Kontext zwischen einem freudigen Bewundern und einem ablehnenden Verachten pendeln. Und es gibt Mitmenschen, die das Wort sehr häufig verwenden.
Jedenfalls habe ich mich schon seit langem gefragt, wo dieses Wort wohl herkommt. Ich habe schon viele Einheimische darauf angesprochen, aber niemand hatte eine Idee.
Ich versuchte es mit 'Chlor' dem chemischen Element, das ja ätzend ist, aber ich konnte keine Verbindung dazu finden.
Nun ist mir gestern Abend das Wort 'glorreich' = 'rühmlich, ehrenhaft' aufgefallen. Damit hängt auch die 'Gloriole' = 'Heiligenschein' und 'mit Glanz und Gloria' zusammen.
Meine (bisher allerdings unbestätigte) Theorie lautet nun folgendermassen: Die Saarländer haben in ihrer wechselvollen Geschichte das frz. 'gloire' = 'Ruhm, Ehre' (im Deutschen gibt es auch ein veraltetes 'Glorie') bzw. das Adjektiv 'gloreux, gloreuse' = 'ruhmvoll' in ihren Sprachschatz aufgenommen und im Laufe der Zeit zu einem schillernden Begriff abgeschliffen. 

Falls Sie eine bessere Erklärung kennen, bitte ich Sie es mir mitzuteilen. 


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Linktipps
beyars - Edelsteinlexikon, Kunstlexikon, Schmucklexikon
(E1)(L1)(L1) www.beyars.com
hat drei hervorragende Lexika ins Netz gestellt. Und wenn man noch Platz im Bücherregal hat, ist man sofort geneigt, sich die Print-Ausgaben zuzulegen.
Auch etymologische Hinweise kommen in den Lexika nicht zu kurz. Alle können über die Startseite unproblematisch erreicht werden.
(Auf der ersten Seite des jeweiligen Lexikons auf den Link "Hier steigen Sie in das xxx-lexikon zur Auswahl der Buchstaben ein".)

Edelsteinlexikon - Edelsteinlexikon, Beschreibung von 550 Edelsteinen und Schmuckmaterialien
Knigge zum Umgang mit Edelsteinen von Prof. Leopold Rössler, Wien
Edelsteine, Perlen, Korallen, Bernstein und Elfenbein, ein umfangreiches Glossar für den Fachmann. Derzeit umfasst das Werk ca. 550 der meistverwendeten Materialien zur Schmuckherstellung. Es enthält die Erfahrungen des Autors aus der jahrzehntelangen Zusammenarbeit mit Fachkollegen, vielen Tipps und Ratschlägen sowie Empfehlungen über die Behandlung von Edelsteinen, Ratschläge zur Werterhaltung, zum Fassen von Edelsteinen, zur Reparatur und sachgerechter Pflege des Edelsteins.
Tipps zur Herstellung von Schmuck mit Edelsteinen, für das Schleifen, Polieren, bei der Säurebehandlung, Laugenbehandlung, für Farbarbeiten, Galvanotechnik und die Wärmebehandlung von Schmucksteinen. Informationen über Licht- und Wärmeeinfluss auf Schmuck, bei Löt- und Dekorationsarbeiten, beim Reinigen mittels Ultraschall u.v.a.m.
Ratschläge für den interessierten Sammler, Händler, Juwelier, Goldschmied, und Restaurator alten Schmucks. Beschrieben wird die Mineralart, Herkunft, Härtegrad, die wichtigsten physikalischen und mechanischen Eigenschaften und Besonderheiten des Materials, ohne diagnostische Erkennungsmerkmale. 
Kunstlexikon - Das grosse Kunstlexikon von P. W. Hartmann
An diesem Nachschlagewerk haben zahlreiche Kunsthistoriker und Fachleute der verschiedensten Sachgebiete mitgearbeitet. Beschrieben werden ca. 10.000 alphabetisch gereihte Stichwörter über die Epochen der Kunstgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart.
Erfaßt sind Volkskunst, Kunstrichtungen der Moderne, Architektur, Kunsthandwerk, liturgische Termini (in Verbindung mit Sakralkunst), Judaika, historische Kleidermoden, alte Waffen, Möbel und Musikinstrumente, weiters vormals übliche Bearbeitungstechniken, verwendete Materialien und Werkzeuge, bei Grafiken etc. gebräuchliche Fachausdrücke und deren Abkürzungen, Goldschmiedekunst und edle Steine, Glas- und Keramikwaren, mythologische und biblische Motive, Symbole (im Hinblick auf die Bedeutung hunderter Objekte, wie etwa auf Stilleben zu finden), Attribute (zur Erkennung mythologischen Figuren), Begriffe der Kunsttheorie und Kunstphilosophie. 
Schmucklexikon - für Schmuckliebhaber, Juweliere, Goldschmiede und Antiquitätenhändler
Es umfasst ca. 3.500 Begriffe aus der Welt des Schmuckes, Edelsteine aus der Gemmologie und ist eines der detailliertesten Fachlexika auf diesem Gebiet. Das Werk ist Ergebnis einer über 20jährigen Sammeltätigkeit des bekannten Gemmologen OSR Prof. Leopold Rössler, Wien.
Ein Beispiel:
Bakelit: Ein Kunstharz, benannt nach dem Erfinder 'Baekeland' (1863-1944). Aus Phenol und Formaldehyd hergestellt, durch hohen Druck in erhitzten Pressen formbar. Ersatz für Zelluloid, Bernstein und Hartgummi und auch ein Ersatzstoff für Schildpatt. Leicht löslich in Spiritus, Alkohol und Benzin. Teilweise in der Herstellung von modernem Schmuck verwendet, z.B. Jugendstil. 
Neben den aufgeführten Lexika gibt es noch weitere interessante Rubriken: 
Schmuck 
Schmuck in Auktion 
Wissen 
Portraits 
Museum 
Fachliteratur,Lexika 
Lernen/Kurse 
Mikrobilder 
FORUM 
Branchendatenbank 
Also ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall. 


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Buchtipps
Die beiden Buchempfehlungen für heute sind: 


50 Klassiker Mythen
www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3806725128/conradhorst0b-21
Gerstenberg Verlag
Die bekanntesten Mythen der griechischen Antike
dargestellt von Gerold Dommermuth-Gudrich
unter Mitarbeit von Ulrike Braun 

In den 50 kurzweilig geschriebenen Geschichten erhält man einen guten Überblick über die griechischen Mythologie. Nebenbei werden einige Begriffe geklärt, die wir heute noch benutzen.
Als Beispile seien genannt: 
Europa 
Tragödie 
Achillesferse 
Myrrhe 
Amazone 
3 goldene Haare 
Atlasgebirge 
Kosmos 
bezirzen 
Troja 
Megäre 
Eulen nach Athen tragen 
... 
Unter den Rezensionen bei Amazon sind noch einige weitere Beispiele zu finden. 


Scholz & Friends (Hrsg.)
(E4) www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3832309845/conradhorst0b-21
Werbisch
Werbisch-Deutsch
Das ultimative Wörterbuch der Werbung - unzählige Stichwörter und Wendungen aus der europäischen Top-Kreativ-Agentur
REDLINE WIRTSCHAFT bei ueberreuter
184S. 

Das kleine Taschenbuch liefert zwar keinerlei etymologische Herleitungen; aber die Zusammenstellung von Begriffen aus der Werbekultur ist ja auch schon ein Hinweis zur Herkunft der Neologismen.
Die Erklärungen sind nicht immer ganz ernst zu nehmen, was aber die Lesbarkeit deutlich verbessert. 


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Impressum
Erscheinungsdatum 04.2003 
Titel Etymologie-Newsletter 
ISSN
International Standard Serial Number - ISSN 1610-2320 (10.07.2002) (E-Mail-Version)
- ISSN 1610-3165 (22.07.2002) (Internet-Archiv-Version)
Die Deutsche Bibliothek
weltweites Verzeichnis des ISSN International Centre in Paris
 
Herausgeber
Postanschrift Horst Conrad
Kneippstr.6
D-66482 Zweibrücken 
E-Mail mailto:conrad-horst at etymologie.info
 
siehe hierzu auch: www.s-a-ve.com/faq/Anbieterkennzeichnung.htm
www.presserecht.de/gesetze/mdstv.html - Anbieterkennzeichnung
 
Erscheinungsweise etwa woechentlich die Liste der gesuchten Begriffe auf "www.etymologie.info"; und etwa alle 4 Wochen ein "richtiger" Newsletter 
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'Etymologie-Mailingliste und -Newsletter: An-/Abmeldung'
 
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Errare humanum est, perseverare diabolocum, corrigere divinum!
Irren ist menschlich, am Irrtum festhalten teuflisch, (sich) korrigieren (koennen) goettlich!

oder 

Humanum fuit errare, diabolocum est per animasitatem in errore manere.
Menschlich ist es zu irren, teuflisch ist es, leidenschaftlich im Irrtum zu verharren.



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