[Etymologie-Newsletter] Etymologie-Newsletter 2003.10.
Horst Conrad
conrad-horst at t-online.de
Tue Oct 7 18:11:53 UTC 2003
Etymologie-Newsletter 2003.10.
Etymologie, Etymology, Wortgeschichten
Die Lehre von der Wortherkunft
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Inhalt
Begruessung / Feedback / Korrekturen / Vorwort
Wortgeschichten
Linktipp
Buchtipp
Impressum
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Begruessung / Feedback / Korrekturen / Vorwort
Liebe Etymologie-Amateure (und Profis),
ich begruesse Sie zum neuen Etymologie-Newsletter
Das Wort des Monats Oktober ist "TZ - bis zum TZ"
(E1)(L1) http://www.etymologie.org/
Die Wortgeschichte von Christoph Gutknecht ist auf dem Etymologie-Portal in der linken Navigationsleiste unter "Das Wort des Monats auf www.etymologie.org" aufzurufen.
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Wortgeschichten
(E1)(L1) http://www.wortherkunft.de/
Als Wortgeschichten habe ich mir heute die Familie um die drei Buchstaben 'rap' und den "Duenger" vorgenommen.
Raffel, Raffeleisen, rap, Rapmusik, rapacious, Raffgier, rapid, rape, rapturous, Rapier, Rapp, Rappel, rappelduerr, rappeln, Rappelche, coitus interruptus, raffen, Rappelche, Raffke (W1)
(E?)(L?) http:///
Im Saarland (und möglicherweise auch in anderen Landesteilen) kann man in manchen Situationen das umgspr. "Raffel" = "Mund" vernehmen. Auch gibt es den Ausdruck "Raffeleisen" = "Reibeisen". Im ersten Moment fällt auf, dass man es hier mit zwei Mahlwerkzeugen zu tun hat. Aber die genauere Betrachtung fördert eine grosse Familie zum Vorschein.
Ich möchte zunächst mal den Stamm vorstellen, der hinter dieser Wortfamilie steht: 'rap' = "Stossen, Klopfen, Reissen".
Im englischen ist 'rap' = 'Klopfen, Klaps' noch präsent. Im Deutschen ist es durch die "Rapmusik" wieder eingeführt worden. Kennzeichen der Rapmusik ist der abgehackte, stossweise Sprechgesang. Im englischen Wörterbuch folgen dann weitere Begriffe wie "rapacious" = "habgierig", "räuberisch". Man braucht nicht viel Phantasie, um diese Art von "einnehmendem Verhalten" mit "Stossen" und "Reissen" in Verbindung zu bringen. Daraus leitet sich dann das friedlichere engl. "rapacity", die "Habgier" ab. Im Deutschen heisst dies dann auch "Raffgier" (= "Gier, etwas an sich zu reissen").
Auch das in vielen Sprachen vorkommende "rapid" = "schnell" ("rapidity" = "Schnelligkeit") geht auf das lat. "rapere" = "fortreissen" zurück.
Im engl. "rape" = "Vergewaltigung", kann man die Untat fast spüren. Aber "rap" dient auch dazu das gegenteilige Empfinden auszudrücken. Das Adjektiv zu engl. "rapture" = "Entzücken", "rapturous" ("entzückt") wird sicherlich nicht zufällig mit "hingerissen (sein)" (oder "stürmisch") übersetzt.
Aber wenden wir uns doch nun den deutschen Familienmitgliedern zu. Der französische Import "Rapier" = "Reibeisen" ist gleichsam die hochsprachliche Variante zu "Raffeleisen" obwohl es auch kaum noch benutzt wird. Ein anderes umgs. Wort "Rapp" = "Kamm" bezieht sich auch auf Kämme, die als (Woll-)Rupf-Werkzeuge benutzt wurden.
Ein weiterer schöner umgs. Ausdruck ist "den Rappel kriegen". Wie "sich aufrappeln" = "sich losreissen" ist auch der "Rappel" eine plötzliche, ruckartig Erscheinung. Oft sagt man ja auch mageren Menschen ein eher etwas fahriges Wesen nach und nicht umsonst bezeichnet man sie als "rappelduerr". In "rappelduerr" hört man sogar noch das "Klappern" der Knochen heraus - man könnte auch von "rappeln" sprechen.
Ein Griff in die Kindersprache fördert auch noch das umgs. "Rappelche (machen)" = "sein Geschäft erledigen" hervor. Hier treten "losreissen" und "Krach machen" sogar in Personalunion auf.
Nun kommen ich langsam zum Ende dieses Familienzweiges. Erwähnen könnte man vielleicht noch den "coitus interruptus", den unterbrochenen Geschlechtsverkehr, der oft auch mit einer "ruckartigen" Aktion verbunden ist.
Wenden wir uns jetzt aber nochmal dem Familienzweig "raffen" zu. Die "Raffel" (für "Mund") kann also sowohl auf die Bedeutung "Klopfen" und damit "Lärm machen" zurückgehen (vgl. "den Mund aufreissen"), aber auch auf die Zähne anspielen, die ja auch eine Art Kamm zum "Reissen" der Nahrung bilden.
Der Ausdruck "etwas raffen" = "etwas verstehen" bringt auch zum Ausdruck, dass man etwas (losreisst und) in seinen Besitz bringt. Nicht von ungefährt sagt man dazu auch "(etwas) begreifen".
Menschen mit einem besonders einnehmenden Wesen muss es schon immer gegeben haben. Und so bildete sich auch irgendwann (angeblich besonders in und um Berlin) der Familienname "Raffke".
Ich habe mich bemüht, hier viele Nachkommen von "rap" zusammenzutragen. Ich hoffe, dass mich dabei nicht die Raffgier zur Übertreibung verführt hat. Immerhin habe ich es unterlassen auch noch auf "rupfen" und "raufen" einzugehen, die zu "rap" zumindest wesensverwandt sein dürften.
Duenger, Dung, duengen (W1)
(E2)(L1) http:///
Wer einen Garten hat oder sogar einen landwirtschaftlichen Betrieb, für den dürfte "Dünger" nichts Unbekanntes sein. Und dass "Dünger" etwas mit "Dung" zu tun hat, erfährt man schon, wenn einem die Nachbarin rät, die Rosen mit "Pferdedung" zu "düngen" und für die Überwinterung abzudecken.
Aber was hat es nun sprachlich mit dem "Dünger" auf sich?
Man ist sich zwar nicht hundertprozentig sich, aber alle Quellen gehen in etwa von folgendem Sachverhalt aus:
Der "Dünger" in seiner heutigen konzentrierten Form hat seinen Namen vom Verb "düngen" erhalten. Und "düngen" ist das Anreichern der Erde mit Nährstoffen. - Aber das war anscheinend nicht immer so. In Zeiten, in denen man auf langfristige Felderbewirtschaftung noch keinen Wert legte, dachte man auch noch nicht ans "Düngen". Wenn die Erde nichts mehr zum Leben bot, packte man die Koffer und zog weiter. Dennoch hatte man auch da schon das Problem des Winters. Und so nutzte man den Dung der Tiere einmal zum Feuern aber vor allem auch zum isolieren, zum Abdecken der Vorratsräume und Webkammern (soweit man eben von Räumen sprechen konnte). Und das ist nun auch die vermutliche Quelle: "Dung" = "das Bedeckende".
Der Begriff blieb einmal an dem Deckmaterial hängen, auch nachdem man längst andere Materialien zum Abdecken von Hütten und Häusern benutzte. Man fand also eine neue Verwendung für den "Dung", nämlich das "Düngen". Und der "Dünger" hat diese Bezeichnung übernommen, auch wenn er weder etwas mit dem ursprünglichen "bedecken" noch mit dem ursprünglichen Deckmaterial gemein hat.
Andererseits ist der ursprüngliche Begriff aber auch auf das "Bedeckte" übergegangen. So gibt es z.B. noch ein aengl. "dung" und ein - mittlerweise auch schon etwas antiquiertes - "dungeon" = "Kerker, Verlies". Im anord. "dyngjy" = "Frauengemach" und im lit. "dengti" = "decken" kann man noch Spuren davon erkennen.
Was mir weiterhin aufgefallen ist - auch wenn davon nichts in den Lehrbüchern steht - ist die Nähe zur lat. "tunica" = "Untergewand, Haut, Hülle", die wie "tünschen" auf die Bedeutung "be-, verdecken" zurückgeht. Und gibt es nicht auch heute noch Erdenbewohner, die ihre Häuser mit "Dung" "tünschen"?
Ich hoffe, ich konnte damit etwas zur "Entdüngung" des "Düngers" beitragen.
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Linktipp
(E1)(L1) http://dmoz.org/World/Deutsch/Wissenschaft/Geisteswissenschaften/Sprache_und_Linguistik/Etymologie/
Der Linktipp für heute ist:
blueprints
(E1)(L2) http://www.blueprints.de
Der etwa wöchentlich erscheinende Newsletter von blueprints enthält immer eine Rubrik "Wort des Tages", in der ein Ausdruck und seine Herkunft erklärt wird.
Die behandelten Begriffe können auch auf der Internetsite nachgeschlagen werden.
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Buchtipp
Die Buchempfehlung für heute ist:
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Bretagne
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Champagne, Ardenne
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Languedoc Roussillon : Gorges du Tarn, Cévennes
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Midi-Pyrénées
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Normandie, Cotentin : Îles Anglo-Normandes
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Périgord, Quercy : Dordogne
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Picardie, Flandres, Artois
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Provence
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Die grünen Urlaubsführer von Michelin waren schon immer eine empfehlenswerte Urlaubslektüre. Bei meinem letzten Aufenthalt in der Bretagne leistete ich mir eine neue Ausgabe. Die alte war schon fast 20 Jahre alt und schon einigermassen abgegriffen.
Zu meiner Freude fanden sich in der neuen Ausgabe (2003) nicht nur ein paar farbige Illustrationen und hie und da eine bessere Information - es war auch zu jedem Ort ein Abschnitt "Le nom" eingefügt worden, in dem der jeweilige Ortsname erklärt wird.
Ich habe daraufhin in einer Buchhandlung Stichproben in mehreren (französischsprachigen) "GuideMichelin" vorgenommen. Dabei habe ich keinen Ortsnamen ohne eine Namenserklärung gefunden. Diese Werke sind also auch unter etymologischen Gesichtspunkten rundum empfehlenswert.
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Impressum
Erscheinungsdatum 10.2003
Titel Etymologie-Newsletter
ISSN
International Standard Serial Number - ISSN 1610-2320 (10.07.2002) (E-Mail-Version)
- ISSN 1610-3165 (22.07.2002) (Internet-Archiv-Version)
Die Deutsche Bibliothek
weltweites Verzeichnis des ISSN International Centre in Paris
Herausgeber
Postanschrift Horst Conrad
Kneippstr.6
D-66482 Zweibrücken
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E-Mail mailto:conrad-horst at etymologie.info
siehe hierzu auch: (E?)(L?) http://www.s-a-ve.com/faq/Anbieterkennzeichnung.htm
(E?)(L?) http://www.presserecht.de/gesetze/mdstv.html - Anbieterkennzeichnung
Erscheinungsweise etwa woechentlich die Liste der gesuchten Begriffe auf "www.etymologie.org"; und etwa alle 4 Wochen ein "richtiger" Newsletter
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