Copula meaning

Andreas Nolda andreas.nolda at CMS.HU-BERLIN.DE
Tue Nov 30 13:50:14 UTC 2004


On Tuesday 30 November 2004 12:02, Marie-Helene Viguier wrote:

> Nun, die Summe der Winkel in einem Dreieck in (1) oder die Summe
> „drei und drei“ in (2) haben keine Zustände, sondern nur
> Eigenschaften, weil sie keine raumzeitliche Gegenstände sind (sie
> sind wahrscheinlich konzeptuelle Entitäten, aber bitte der Leser
> soll mich hier korrigieren ;-)).
>
> 	(1)	_Die Summe der Winkel in einem Dreieck ist 180 Grad_.
> 	(2)	_Drei und drei sind sechs_.
>
> Die Konzeption der Bedeutung von stativen Verben wie _sein_W,
> _kosten_W und _wiegen_W mußte gegenüber Lieb (1985) folglich
> modifiziert werden, um jeden Rekurs auf Zustände von Gegenständen
> zu vermeiden. Sie basiert jetzt auf Eigenschaften, die Gegenstände
> allgemein zeitweise haben.

Deine Argumentation dafür, in der Definition der Wortbedeutung von 
"sein" Zuständen durch Zeiten zu ersetzen, kann ich nachvollziehen. 
Daraus folgt jedoch meiner Meinung nach noch nicht, dass auch die 
Mengen durch Eigenschaften zu ersetzen sind.

Denn selbstverständlich kann man auch von nicht-raumzeitlichen 
Gegenständen Mengen bilden -- zum Beispiel von Zahlen:

(3)  6 ist eine natürliche Zahl.

Das relevante y in der Proposition für (3) lässt sich nun genauso gut 
als 'die Eigenschaft, eine natürliche Zahl zu sein' bestimmen wie als 
die Menge der natürlichen Zahlen.

Deine Beispiele (1) und (2) sind übrigens von einem anderen Typ als 
(3) und mein Ausgangsbeispiel _John is sick_. Vortheoretisch 
gesprochen, besagt (3), dass zwischen 6 und der Menge der natürlichen 
Zahlen eine Element-Beziehung besteht (bzw. dass die entsprechende 
Eigenschaft auf 6 zutrifft). (2) hingegen drückt die Identität der 
Summe von 3 und 3 mit der Zahl 6 aus.

Wenn man nun wie Lieb (1995) nur ein einziges Kopuaverb "sein" 
ansetzen will, muss man die relevanten Mengen oder Eigenschaften für 
(1) und (2) mit Hilfe der Identitätsrelation bestimmen. In der 
Proposition für (2) wäre y die (einelementige) Menge derjenigen 
Entitäten, die identisch mit 6 sind. Die entsprechende Eigenschaft 
wäre 'die Eigenschaft, identisch mit 6 zu sein'.

> Die Definition (D1) von •sein• wird damit zu (D2):
>
> 	(D1)	•sein• =df die Eigenschaft, eine Konzeption zu sein, deren
> Inhalt die intensionale Beziehung SEIN enthält, wo
> 		SEIN =df die Beziehung zwischen raumzeitlichen Gegenständen
> x und x1 und Mengen F, derart, daß x ein Zustand 		von x1 ist,
> und x1 ist F in x.
> 		Dabei gilt: x1 ist F in x =df x1-während-x ist Element von
> F.
>
> 	(D2)	•sein• =df die Eigenschaft, eine Konzeption zu sein, deren
> Inhalt die intensionale Beziehung SEIN enthält, wo
> 		SEIN =df die Beziehung zwischen Zeiten x, Gegenständen x1
> und Eigenschaften y, derart, daß gilt:
> 		x1 hat y während x.

Soweit ich sehe, gibt es noch eine dritte Möglichkeit, die zwar 
Zustände durch Zeiten ersetzt, aber an Mengen festhält:

(D3)  SEIN =df die Relation zwischen Zeiten x, Gegenständen x1 und
      *Mengen* y derart, dass gilt:
      x1 ist während x [oder: x1-während-x ist] Element von y.

Andreas
-- 
Andreas Nolda      http://www2.hu-berlin.de/linguistik/institut/nolda/

Humboldt-Universität zu Berlin
Philosophische Fakultät II
Institut für deutsche Sprache und Linguistik



More information about the IL-List mailing list