LL-L "Names" 2005.02.06 (05) [E/German]

Lowlands-L lowlands-l at lowlands-l.net
Mon Feb 7 05:48:43 UTC 2005


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L O W L A N D S - L * 06.FEB.2005 (05) * ISSN 189-5582 * LCSN 96-4226
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From:  Roger Thijs, Euro-Support, Inc. <roger.thijs at euro-support.be>
Subject: Names

How senstive names can be.
Regards,
Roger
PS. In my West-Limburgish, the name is: "Boheimer"

>>From the faz website.

Denkmal-Streit
Sinti, Roma oder Zigeuner?
Von Eberhard Jäckel

06. Februar 2005 Während das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in
Berlin seiner Vollendung entgegengeht, so daß es im Mai eröffnet werden
kann, steht das gleichfalls seit vielen Jahren beschlossene Denkmal für die
Zigeuner noch immer in weiter Ferne. Das Geld ist da (zwei Millionen Euro
vom Bund), auch das Grundstück am Simsonweg im Tiergarten (vom Land Berlin)
und sogar ein Entwurf (von Dani Karavan). Der Grund des Stillstands ist ein
Streit um die Inschrift. Romani Rose, der Vorsitzende des Zentralrats
Deutscher Sinti und Roma, besteht darauf, daß das Denkmal unter Verwendung
eines Zitats aus einer Rede des früheren Bundespräsidenten Roman Herzog den
"Sinti und Roma" gewidmet sein soll, während Natascha Winter, die
Vorsitzende der Sinti Allianz, die Bezeichnung "Zigeuner" verlangt.

Kürzlich haben sich die kulturpolitischen Sprecher aller Fraktionen im
Deutschen Bundestag (SPD, CDU/CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen) in
bemerkenswerter Einmütigkeit dieser Auffassung angeschlossen und eine
Inschrift vorgeschlagen, in der die Opfer als diejenigen bezeichnet werden,
"die als Zigeuner in Deutschland und Europa verfolgt und ermordet wurden".
Christina Weiss, die zuständige Kulturstaatsministerin, hat diesen Vorschlag
aufgegriffen und Romani Rose zu einem Gespräch darüber eingeladen. Doch Rose
hat verlauten lassen, er fordere nach wie vor die Bezeichnung "Sinti und
Roma".

Bezeichnung Zigeuner nicht abwertend

Diese Bezeichnung hat sich zwar im deutschen Sprachgebrauch weithin
durchgesetzt. Aber sie ist in vielfacher Hinsicht unsinnig und vor allem,
was das Denkmal angeht, anachronistisch. In ihrer fünfhundertjährigen
Geschichte und auch in der NS-Zeit, auf die es hier ankommt, wurden die
Zigeuner niemals und von niemandem "Sinti und Roma" genannt. Die
traditionelle Bezeichnung entstand im vierzehnten Jahrhundert in
Griechenland (atsinganoi: Unberührbare) und wurde von dort in andere
Sprachen übernommen (deutsch "Zigeuner", französisch "tsiganes", italienisch
"zingari" und so weiter). Anderswo wurden die Zigeuner für Ägypter gehalten
(daher englisch "gypsies", spanisch "gitanos"). Die neue Bezeichnung wurde
erst von dem 1982 gegründeten Zentralrat Deutscher Sinti und Roma geprägt.

Die Begründung, das Wort Zigeuner sei abwertend, kann nicht überzeugen.
Gewiß war es von den Gegnern (wie auch das Wort Jude von den Antisemiten)
abwertend gemeint. Aber das ist kein Grund, es nicht mehr zu verwenden.
Zumal auf einem Denkmal, das an die Verfolgung in der NS-Zeit erinnert, kann
doch eigentlich der damals allein übliche Name nicht nachträglich abgeändert
werden.

Überdies ist die Bezeichnung "Sinti und Roma" diskriminierend, weil sie
viele Zigeunergruppen ausschließt. Die Sinti sind zwar die größte Gruppe im
deutschen Sprachraum, aber nicht die einzige; es gab und gibt hier auch
andere Gruppen (die Lalleri, Litautikker und so weiter), und sie gehören
ebenso zu den Verfolgten. Der Zusatz "Roma" macht die Sache nicht besser.
Roma (Menschen) ist die gängigste Eigenbezeichnung der Zigeuner. Insofern
dieses Wort alle Zigeuner meint, ist die Bezeichnung "Sinti und Roma"
unlogisch, da sie zuerst eine Teilgruppe und danach die Gesamtheit nennt (so
als spräche man von Katholiken und Christen oder von Bayern und Deutschen).
Wenn nach einer anderen Auffassung mit Roma die ost- und südosteuropäischen
Zigeuner gemeint sein sollen, werden wiederum andere Zigeuner ausgeschlossen
wie etwa die Manusch im französischsprachigen Raum, die auch verfolgt
wurden, oder die Kale auf der Iberischen Halbinsel.

Auf vielen Grabsteinen ist von Zigeunern die Rede

Ferner ist zu berücksichtigen, daß die Bezeichnung "Sinti und Roma" von
vielen, wenn nicht den meisten Zigeunern abgelehnt wird. Der Zentralrat
Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg ist zwar die bekannteste und
erfolgreichste Vertretung der Zigeuner in Deutschland, aber keineswegs die
einzige. Daneben gibt es eine weitere Dachorganisation, die Sinti Allianz in
Köln, die ihrem Namen nach nur die Sinti vertritt, aber beansprucht, die
Mehrheit der Zigeuner in Deutschland hinter sich zu haben. Da einer
altverwurzelten Scheu folgend weder der Zentralrat noch die Allianz
Mitgliederlisten führen (beide sind eingetragene Vereine mit der gesetzlich
vorgeschriebenen Mindestzahl von Mitgliedern), ist ein Vergleich ihrer
Stärke unmöglich. Jedenfalls ist der Zentralrat nicht legitimiert, für alle
Zigeuner in Deutschland zu sprechen.

Die Sinti Allianz fordert seit langem immer wieder die alte Bezeichnung; sie
empfindet sie nicht als abwertend, sondern besteht auf dem herkömmlichen
Namen nicht zuletzt deswegen, weil die Zigeuner unter ihm verfolgt wurden.
Wer sich übrigens auf Friedhöfen umsieht, findet dort häufig Grabsteine, auf
denen die Zigeuner sich auch jetzt noch selbst als Zigeuner bezeichnen.

"Sinti und Roma" nur in Deutschland verwendet

Schließlich wird die Bezeichnung "Sinti und Roma" nur in Deutschland
verwendet. In allen anderen Sprachen werden die Zigeuner nach wie vor mit
ihrem herkömmlichen Namen bezeichnet. Ausländische Besucher des Berliner
Denkmals würden daher oft Mühe haben, überhaupt zu verstehen, wem es
gewidmet ist. Die Bundesrepublik Deutschland, die das Denkmal errichtet,
hätte allen Anlaß, von dem hierzulande eingeschlagenen Sonderweg zum
internationalen Standard zurückzukehren.

Die kulturpolitischen Sprecher des Bundestages und die
Kulturstaatsministerin verlangen dies nicht einmal. Wer mag, kann die
Zigeuner weiterhin "Sinti und Roma" nennen. Nur auf dem Denkmal sollen die
Opfer, was nun wahrlich unbestreitbar ist, als diejenigen bezeichnet werden,
die "als Zigeuner" verfolgt und ermordet wurden. Das ist ein Kompromiß, der
der historischen Genauigkeit zwar immer noch nicht ganz entspricht, aber
Romani Roses Hartnäckigkeit weit entgegenkommt. Eines ist mit ziemlicher
Sicherheit zu erwarten: Wenn er nicht endlich nachgibt, wird es dieses
Denkmal in Berlin noch lange nicht geben.

Der Verfasser lehrt Geschichte an der Universität Stuttgart.
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.02.2005, Nr. 31 / Seite 31

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