LL-L "Phonology" 2011.06.21 (03) [DE]

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Wed Jun 22 22:41:44 UTC 2011


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 L O W L A N D S - L - 22 June 2011 - Volume 03
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From: Joachim <Osnabryg+Lowlands at googlemail.com>
Subject: LL-L "Phonology" 2011.06.22 (01) [DE]

Am 22.06.11 03:11, schrieb Reinhard F. Hahn zum Wossidlo/Teuchert-Eintrag:

"Reig', Reeg', Reih f."

  Ich nehme ganz stark an, dass es sich um die Schreibung von Zwielauten im
Schleifton handelt.

 In den nordniedersächsischen und gewissen mecklenburgischen Mundarten
bezeichnet *ee ~ eh ~ e* normalerweise den Zwielaut [ɛɪ] (äi). Bessere
Ortographien unterscheiden dies in beiden Mundartbereichen von dem langen
Einlaut [eː] ~ [ɛː]: *ẹẹ ~ ẹh ~ ẹ *oder *ää ~ äh ~ ä.*


Lieber Reinhard,

Besten Dank für deine Aufklärung. Demnach also keine Propaganda der
neuhochdeutschen Vokalverschiebung bei Wossidlo/Teuchert. Dank auch für den
- von mir lange vernachlässigten - Link:

Mehr: http://lowlands-l.net/grammar-new/sounds-vowels-long.php

Deine "Drempels un Tegels" geben ja jetzt schon was her! So komme ich
allmählich doch hinter die Rätsel der (landläufigen) nordniedersächsischen
Platt-Schreibweisen. Weitaus einsichtiger ist mir allerdings deine *»Algemeyne
Schryvwys'«, *zu der ich mit einigen Variationen fürs Westfälische ja auch
tendiere.

  In [ai]-Mundarten, wie Hannes, ist das letztgenannte Beispiel
folgendermaßen:

/reige/ → reig’ (schriftlich *Reig’*) [raˑɪɣʲ] ‘Reihe’

(/ei/ → [ɛˑɪ] ~ [aˑɪ] ist mundartlich bedingt.)


Vermutlich willst du damit sagen, dass regional eingrenzbare Mundarten des
Mecklenburgisch-Vorpommerschen Niederdeutsch "immer" schon, aber jedenfalls
schon seit mehr als hundert Jahren nd. /ee/, das normal [ɛˑɪ] gesprochen
wird, abweichend [aˑɪ] intonieren. Also eine deutlich offenere, praktisch
gleich neuhochdeutsche Diphthongierung von mhd./mnd. /ee/ bzw. /ey/.

Nord-Ost-LS "reeg" demnach in *diesen* Fällen [raˑɪɣʲ] statt
allgemeiner  'reeg/räig'
[rɛˑɪɣʲ] oder Westfälisch/
Westniedersächsisch riige.

Und weil es hier - im Fall von hd. "Reihe" (nordostniedersächsisch 'reeg') -
um die Diphthongierung von mnd. /ê/ (aus kurz ĭ > ie > ê) und nicht von /î/
geht, sei der Fall *anders zu sehen als z. B. die schlichte Übernahme von
hd. 'fein' [fain] für vorher nd. 'fîn(e), fiin, fyn [fi:n]'*, wie man es ja
auch häufig in neueren Platt- oder besser Missingsch-Texten sieht/hört.

Da ich das Gegenteil auch nicht beweisen kann, will ich dies als Erklärung
akzeptieren.

*Beiläufig* aber noch eine ganz *andere Frage:* Du schreibst in deiner
Antwort:

/brüüde/ → brüüd’ (schriftlich *Brü(d’)*) [bryːˑ(d)] ‘Bräute’ (Einzahl *
Bruud* [bruːt], fälschlich *Bruut* geschrieben < HD *Braut*)

ich meine das "fälschlich *Bruut* geschrieben". Auf der verlinkten Seite von
"Drempels un Tegels" aber finde ich:

Bruud (bruut) ‘bride’

und zwar das "(bruut)" darin als »Algemeyne Schryvwys'« markiert. Da ich mir
nicht vorstellen kann, dass du fälschliche Schreibungen in der »Algemeyne
Schryvwys'« verbreitest, bitte ich um Aufklärung meines mutmaßlichen
Missverständnisses.

Met echt-westfœlsken »Goudgaun!«

joachim
Kreimer-de Fries, Osnabrügge => Berlin-Pankow

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From: R. F. Hahn <sassisch at yahoo.com>
Subject: Phonology

Vielen Dank, Joachim. Den Fehler habe ich berichtigt.


Vermutlich willst du damit sagen, dass regional eingrenzbare Mundarten des
Mecklenburgisch-Vorpommerschen Niederdeutsch "immer" schon, aber jedenfalls
schon seit mehr als hundert Jahren nd. /ee/, das normal [ɛˑɪ] gesprochen
wird, abweichend [aˑɪ] intonieren. Also eine deutlich offenere, praktisch
gleich neuhochdeutsche Diphthongierung von mhd./mnd. /ee/ bzw. /ey/.

Ja, aber das ist nicht auf das Mecklenburgische Gebiet begrenzt. Die /ei/
(oder /ey/) → [aˑɪ] Aussprache (die in meisten Fällen mit der Aussprache von
/ou/ (oder /ow/) als [aˑʊ] übereintrifft) findet vereinzeln im gesamten
Sprachgebiet, beispielsweise auch im Norwesten in Groningen.

[ɛˑɪ]/[ɔˑʊ]-Mundarten: De School an de See is good noog. [dɛɪ ʃɔˑʊɫ aˑn dɛɪ
zɛɪ ʔɪs gɔʊt nɔʊx]

[aˑɪ]/[aˑʊ]-Mundarten: Dei Schaul an dei Sei is gaud naug. [daɪ ʃaˑʊɫ aˑn
daɪ zaɪ ʔɪs gaʊt naʊx]

Es handelt sich nur um unterschiedliche Allophone.

Hold di fuchtig!

Reinhard/Ron
Seattle, USA

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