[lg policy] more on Ukraine situation in Neue Zuercher Zeitung
Harold Schiffman
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Wed Aug 15 15:06:08 UTC 2012
Fallstricke des ukrainischen Sprachgesetzes International
<http://www.nzz.ch/aktuell/international/>Montag, 05:346
Kommentare<http://www.nzz.ch/aktuell/international/fallstricke-des-ukrainischen-sprachgesetzes-1.17469385#disqus_thread>[image:
Die Anhänger der ukrainischen Opposition tragen die Landesflagge vor dem
Parlament um gegen das Sprachgesetz zu
demonstrieren.]<http://www.nzz.ch/aktuell/international/fallstricke-des-ukrainischen-sprachgesetzes-1.17469385#gallery:zoom_1-17469385>Die
Anhänger der ukrainischen Opposition tragen die Landesflagge vor dem
Parlament um gegen das Sprachgesetz zu demonstrieren.Bild: SERGEY
DOLZHENKO/Keystone<http://www.nzz.ch/aktuell/international/fallstricke-des-ukrainischen-sprachgesetzes-1.17469385#gallery:zoom_1-17469385>Mit
der Unterschrift von Präsident Janukowitsch und der Publikation im
Amtsblatt ist das ukrainische Sprachgesetz rechtsgültig geworden. Die
Implementierung ist aber nicht nur politisch heikel, sondern auch teuer.
<http://www.nzz.ch/account/mark/1.17469385>
Rudolf Hermann, Prag
Das kontroverse neue Gesetz über die «Prinzipien zur Handhabung der
Staatssprache in der Ukraine» ist durch die Unterschrift von Präsident
Janukowitsch und die nachfolgende Publikation im ukrainischen Amtsblatt
Mitte der vergangenen Woche rechtskräftig geworden. Es sieht vor, dass in
Gebieten mit einem Anteil von mindestens zehn Prozent einer anderen Ethnie
deren Angehörige berechtigt sind, Amtsgeschäfte in ihrer Muttersprache
abzuwickeln.
Parteipolitisches Projekt
In knapp der Hälfte der ukrainischen Verwaltungseinheiten, vor allem im
Osten und Süden des Landes, wird namentlich die russischstämmige
Bevölkerung vom Gebrauch einer «offiziellen regionalen Sprache» profitieren
können. Daneben gibt es auch ein paar weitere Bevölkerungsgruppen, etwa
Tataren auf der Krim oder Rumänen und Ungarn in den Karpaten.
Angeregt worden war das Gesetz von zwei Abgeordneten der regierenden Partei
der Regionen (PR), die im überwiegend russischsprachigen industriellen
Osten der Ukraine verankert ist. Die eilige Verabschiedung der Norm wird
von Kommentatoren als parteipolitischer Schachzug interpretiert: Angesichts
schwindender Popularität vor den Parlamentswahlen im Oktober hätten
Präsident Janukowitsch und die PR der Wählerschaft der Ostukraine ein
ersehntes Zückerchen geben wollen.
Der politische Sprengstoff des Gesetzes liegt darin, dass es der ethnisch
russischen Bevölkerung erlaubt, praktisch ohne das Ukrainische auszukommen.
Im Westen des Landes, wo traditionell das Bewusstsein nationaler
Eigenständigkeit ausgeprägter ist als im Osten und ein grösseres Bedürfnis
nach Abgrenzung gegenüber Russland herrscht, sehen viele im neuen
Sprachgesetz ein gefährliches Potenzial zur Schwächung der jungen und noch
ungefestigten ukrainischen nationalen Identität. Man befürchtet ein
Auseinanderdriften der Volksgruppen.
Während eine liberale Sprachpolitik grundsätzlich geeignet ist,
Minderheiten besser in einen Staatsverband zu integrieren, ist die
zahlenmässig starke russische Bevölkerungsgruppe in der Ukraine in dieser
Hinsicht keine typische Minorität. Zu Sowjetzeiten wurde aus Moskau
angestrebt, in den nichtrussischen Republiken des Riesenreichs durch eine
gezielte Russifizierungspolitik eine dominante Stellung des russischen
Elements aufzubauen. Das Russische war das forcierte Kommunikationsmittel
der Sowjetunion. Deren Zerfall führte aber dazu, dass in peripheren
Republiken wie im Baltikum oder in der Ukraine sich mit der Entstehung von
Nationalstaaten die Verhältnisse drastisch änderten. Nicht überall
vermochte die ethnisch russische Bevölkerung sich damit abzufinden.
Arbeitsgruppe als Feigenblatt
Janukowitsch ist sich der zentrifugalen Wirkung, die das neue Sprachgesetz
entfalten kann, sehr wohl bewusst. Wäre es ihm tatsächlich um
gesellschaftlichen Konsens und nicht Wahltaktik gegangen, hätte er das
Gesetz ans Parlament zurückgewiesen, wo die von der PR geführte Mehrheit
alle Abänderungsvorschläge abgeschmettert hatte. Er unterzeichnete indes
und gab erst nachträglich die Bildung einer Arbeitsgruppe aus Politikern
und Experten bekannt, die nun über Massnahmen zur Förderung des
Ukrainischen beraten soll. Diese Initiative dürfte kaum viel mehr sein als
ein Feigenblatt.
Die Implementation des Gesetzes wird die Ukraine viel Geld kosten. Laut der
«Kyiv Post» schätzte das Finanzministerium unlängst den Bedarf auf
umgerechnet 1,5 Milliarden Dollar jährlich. Die Anpassung der
administrativen Strukturen werde auch viel Zeit erfordern, hiess es aus der
Präsidialverwaltung. Nichtsdestoweniger sind auf der Krim oder in Odessa
die Regionalbehörden bereits daran, ihre Ansprüche zu formulieren.
http://www.nzz.ch/aktuell/international/fallstricke-des-ukrainischen-sprachgesetzes-1.17469385
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