36.924, Calls: Digitale Kommunikation im Prozess: Zeitlichkeit in Variation, Interaktion und Text (Switzerland)

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Fri Mar 14 22:05:08 UTC 2025


LINGUIST List: Vol-36-924. Fri Mar 14 2025. ISSN: 1069 - 4875.

Subject: 36.924, Calls: Digitale Kommunikation im Prozess: Zeitlichkeit in Variation, Interaktion und Text (Switzerland)

Moderator: Steven Moran (linguist at linguistlist.org)
Managing Editor: Justin Fuller
Team: Helen Aristar-Dry, Steven Franks, Joel Jenkins, Daniel Swanson, Erin Steitz
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Editor for this issue: Erin Steitz <ensteitz at linguistlist.org>

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Date: 14-Mar-2025
From: Julie Täge [textingintime.germ at unibe.ch]
Subject: Digitale Kommunikation im Prozess: Zeitlichkeit in Variation, Interaktion und Text


Full Title: Digitale Kommunikation im Prozess: Zeitlichkeit in
Variation, Interaktion und Text

Date: 02-Oct-2025 - 03-Oct-2025
Location: Bern, Switzerland

Linguistic Field(s): Applied Linguistics; Pragmatics; Sociolinguistics

Call Deadline: 30-Apr-2025

Call for Papers:
Zeit und ihre soziale Aneignung in Praktiken der Zeitlichkeit stellen
als fundamentale menschliche Erfahrungs- und Handlungsdimensionen
zentrale Gegenstände der Erforschung von Sozialität und Kultur dar
(vgl. Munn 1992). So bildet einerseits die Orientierung an Vergangenem
sowie andererseits die Antizipation von Zukünftigem die Basis von
gemeinschaftlich koordinierten Handlungsabläufen im Sinne von
Problemlösungsstrategien (vgl. Baur 2005): Soziales Handeln ist ein
zeitliches, prozessuales Phänomen. Dies gilt im Speziellen auch für
Praktiken sprachlicher Kommunikation, mit denen Individuen
intersubjektive Bedeutung herstellen (vgl. Deppermann/Feilke/Linke
2016).
Im Workshop möchten wir uns dieser Prozessualität von Sprachgebrauch
im Kontext digitaler Kommunikation widmen und fragen, welche
sprachlichen bzw. kommunikativen Praktiken Akteur:innen in
Orientierung an den Zeitlichkeitsbedingungen digitaler
Kommunikationsmedien emergent hervorbringen und als Routinen
etablieren. Wir knüpfen damit zum einen an medienlinguistische
Arbeiten an, die aufgezeigt haben, welche sprachlichen und
kommunikativen Anforderungen und Handlungsmöglichkeiten mit
asynchronen sowie (quasi-)synchronen Kommunikationsformen einhergehen
(vgl. Dürscheid 2003) und wie interaktionaler Sprachgebrauch in
digital-vermittelten Kommunikationskontexten sequenziell organi-siert
wird (vgl. Beißwenger 2020; König 2015). Zum anderen möchten wir im
Workshop den Blick auf temporale Agentivität, temporale Regime und
Zeitlichkeitsideologien von Mediennutzer:innen richten und fragen, wie
Zeitlichkeit im Sinne von «social time» (Cipriani 2013; Southerton
2020) in digitaler Kommunikation produziert und bedeutsam gemacht wird
(vgl. Androutsopoulos 2024; F. Busch 2025; Kitchin 2023;
Licoppe/Smoreda 2006; Wajcman 2015).
Von Interesse sind dabei sowohl situierte Praktiken in der
interaktionalen Koordination (etwa die Rhythmisierung von
Nachrichtenwechseln, Tippgeschwindigkeiten, Splitting von Audio- oder
Textnachrichten, verzögerte Reaktionen oder Praktiken der
Synchronisation und De-Synchronisation usw.) als auch die temporale
Praxis digitalisierter Kommunikationsalltage (vgl. Hepp/Krotz 2012),
in denen ein Individuum beständig an verschiedenen sozialen
Temporalitäten – des Berufs, der Familie und der Freundeskreise –
sowie algorithmischen Temporalitäten (etwa in Form von algorithmisch
kuratierten Social-Media-Feeds bzw. ‘time-lines’) teilhat und
insbesondere durch mobile Kommunikationsmedien wie das Smartphone
räumlich und zeitlich flexibilisiert produziert. So ist angesichts
dieser polychronen Überlagerung von sozialen Arenen etwa nach der
raum-zeitlichen Organisation und Navigation von Sprachrepertoires
sowie der zeitlichen Flexibilisierung von Identitätskonstruktionen im
digitalen Medienalltag zu fragen (vgl. Androutsopoulos 2021; B. Busch
2012; F. Busch 2024).
An der Schnittstelle von Interaktionaler Linguistik, Medienlinguistik,
Soziolinguistik und Schriftlinguistik möchten wir im Rahmen des
Workshops Zeitlichkeit in digitaler Kommunikation anhand von drei
konzeptuellen Schlagwörtern in den Blick nehmen:
1. Variation: Welche temporalen Praktiken digitaler Kommunikation
lassen sich empirisch beobachten und wie variieren sie zwischen
Individuen, Praxisgemeinschaften, Medien- bzw. Kommunikationsformen
und Interaktionsmodalitäten? Inwiefern wird die Variation von
temporalen Strukturen in digitaler Kommunikation von Akteur:innen
metakommunikativ reflektiert? Lässt sich sprachliche bzw. multimodale
Variation in digitalen Medienalltagen in ihrer zeitlichen Ordnung
empirisch fassen und erklären? Welche Methoden sind für eine solche
Perspektivierung erforderlich?
2. Interaktion: Welche Rolle spielen temporale Affordanzen und
Beschränkungen von digi-talen Kommunikationsmedien für die
Organisation von Interaktionen? Welche Praktiken des Multitaskings und
der Mehrfachbeteiligung entwickeln Akteur:innen angesichts zeitlich
verdichteter digitaler Kommunikationsanlässe? Wie gehen diese
Mehrfachbeteiligungen mit Code-Switching einher? Inwiefern
kontextualisieren Interaktionsbeteiligte ihre kommunikativen
Handlungen zeitlich – etwa durch Rhythmisierungen (vgl. Jones 2013;
Tagg/Lyons 2024) oder auch explizite Accounts, die sich auf Zeit und
Zeitlichkeit beziehen (zum Beispiel in Form von Meta-Kommentierung in
Audionachrichten, vgl. König/Hector 2017)?
3. Text: Wie gestalten sich Prozesse der Textproduktion unter den
Zeitlichkeitsbedingungen digitaler Kommunikationsmedien? Wie sind
Teilprozesse der Planung, Versprachlichung, Revision und
Veröffentlichung von Texten in die temporale Sequenzialität digitaler
Kommunikation eingebunden und welche Handlungsspielräume ergeben sich
hierbei für Textproduzent:innen (vgl. Beißwenger 2020)? Welche
Zeitlichkeitsbezüge sind in digitale Texte eingeschrieben und wie
prägen diese Bezüge die Produktion und Rezeption von Texten (vgl.
Pick/Scarvaglieri 2023)? Welche Relation besteht zwischen den
hypertextu-ellen Vernetzungen von digitalen Kommunikaten und den
algorithmischen Anordnungen von Texten (etwa in Form von
Social-Media-Feeds) einerseits und den zeitlich strukturierten
Handlungsabläufen von Rezipierenden andererseits (vgl. Bubenhofer
2019)?
Diese teils zueinander querliegenden Phänomenbereiche möchten wir im
Workshop auf the-oretischer, methodologischer sowie empirischer Ebene
diskutieren. Wir freuen uns über Vorschläge für Einzelvorträge und
Werkstattberichte aus aktuellen Forschungsvorhaben (20 Min. + 10 Min.
Diskussion) sowie praktisch ausgerichteten Workshop-Inputs, die sich
mit Methoden temporaler Analysen in digitalen Kommunikationskontexten
beschäftigen (45 min). Bei Interesse schicken Sie uns bitte bis zum
30.04.2025 ein Abstract (ca. 500 Wörter) an
textingintime.germ at unibe.ch. Bitte beziehen Sie sich darin explizit
auf diesen Call for Papers, sodass erkennbar ist, mit welchen der
skizzierten Themenfelder und Fragen Sie sich befassen.
Literatur
Androutsopoulos, Jannis (2024): Zeit und Zeitlichkeit in der digitalen
Kommunikation. In: Androutsopoulos, Jannis/Vogel, Friedemann (Hg.):
Handbuch Sprache und digitale Kommu-nikation. Berlin: De Gruyter,
71–92. doi: 10.1515/9783110744163-004.
Androutsopoulos, Jannis (2021): Polymedia in interaction. In:
Pragmatics and Society 12 (5), 707–724.
Baur, Nina (2005): Verlaufsmusteranalyse. Methodologische Konsequenzen
der Zeitlichkeit sozialen Handelns. Wiesbaden: VS Verlag für
Sozialwissenschaften. doi: 10.1007/978-3-322-90815-5.
Beißwenger, Michael (2020): Internetbasierte Kommunikation als
Textformen-basierte Inter-aktion: ein neuer Vorschlag zu einem alten
Problem. In: Marx, Konstanze/Lobin, Hen-ning/Schmidt, Axel (Hg.):
Deutsch in Sozialen Medien. Berlin: De Gruyter, 291–318.
Bubenhofer, Noah (2019): Social Media und der Iconic Turn:
diagrammatische Ordnungen im Web 2.0. In: Diskurse - digital 1(2),
114–135. doi: 10.5167/UZH-195738.
Busch, Brigitta (2012): The Linguistic Repertoire Revisited. In:
Applied Linguistics 33 (5), 503–523. doi: 10.1093/applin/ams056.
Busch, Florian (2025): Texting in Time: Approaching time and
temporalities of smartphone-based interactions. In: Language &
Communication 100, 196–211. doi: 10.1016/j.langcom.2024.12.005.
Busch, Florian (2024): Chronotopische Identitäten in
Smartphone-basierten Interaktionen. Biografie, Repertoire und
mehrsprachige Praktiken im digitalen Alltag. In: Zeitschrift für
Lite-raturwissenschaft und Linguistik 54, 465–493. doi:
10.1007/s41244-024-00346-1.
Cipriani, Roberto (2013): The many faces of social time. A
sociological approach. In: Time & Society 22 (1), 5–30. doi:
10.1177/0961463X12473948.
Deppermann, Arnulf/Feilke, Helmuth/Linke, Angelika (2016): Sprachliche
und kommunikative Praktiken. Berlin: De Gruyter.
Dürscheid, Christa (2003): Medienkommunikation im Kontinuum von
Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Theoretische und empirische
Probleme. In: Zeitschrift für Angewandte Lingu-istik 38, 37–56.
Hepp, Andreas/Krotz, Friedrich (2012): Mediatisierte Welten.
Forschungsfelder und Beschreibungsansätze. Zur Einleitung. In: Krotz,
Friedrich/Hepp, Andreas (Hg.): Mediatisierte Welten.
Beschreibungsansätze und Forschungsfelder. Wiesbaden: Springer VS,
227–256.
Jones, Rodney H. (2013): Rhythm and timing in chat room interaction.
In: Herring, Susan/Stein, Dieter/Virtanen, Tuija (Hg.): The Pragmatics
of Computer Mediated Communica-tion. Berlin: De Gruyter, 489–514.
Kitchin, Rob (2023): Digital timescapes: technology, temporality and
society. Cambridge Ho-boken: Polity.
König, Katharina (2015): Dialogkonstitution und Sequenzmuster in der
SMS- und WhatsApp-Kommunikation. In: Travaux neuchâtelois de
linguistique 63, 87–107.
König, Katharina/Hector, Tim Moritz (2017): Zur Theatralität von
WhatsApp-Sprachnachrichten. Nutzungskontexte von Audio-Postings in der
mobilen Messenger-Kommunikation. In: Networx 79. doi: 10.15488/2970.
Licoppe, Christian/Smoreda, Zbigniew (2006): Rhythms and Ties: Toward
a Pragmatics of Technologically Mediated Sociability. In: Kraut,
Robert/Brynin, Malcolm/Kiesler, Sara (Hg.): Computers, Phones, and the
Internet: Domesticating Information Technology. Oxford: Ox-ford
Academic, 296–314.
Munn, Nancy D. (1992): The Cultural Anthropology of Time. A Critical
Essay. In: Annual Re-view of Anthropology 21 (1), 93–123. doi:
10.1146/annurev.an.21.100192.000521.
Pick, Ina/Scarvaglieri, Claudio (2023): Zeitlichkeit beim Handeln mit
Texten. In: Pappert, Steffen/Roth, Kersten Sven (Hg.): Zeitlichkeit in
der Textkommunikation. Tübingen: Narr Francke Attempto, 39–62.
Southerton, Dale (2020): Time, Consumption and the Coordination of
Everyday Life. London: Palgrave Macmillan UK. doi:
10.1057/978-1-349-60117-2_1.
Tagg, Caroline/Lyons, Agnieszka (2024): Conversational rhythm as a
disconnective practice among middle-aged adults in situated
mobile-messaging interactions. In: Journal of Pragmatics 229, 56–70.
doi: 10.1016/j.pragma.2024.05.006.
Wajcman, Judy (2015): Pressed for time. The acceleration of life in
digital capitalism. Chicago London: The University of Chicago Press.
Invited speakers:

Christa Dürscheid (Universität Zürich)

Michael Beißwenger (Universität Duisburg-Essen)
Organisers:

Florian Busch, Jasmin Lallo, Julie Täge



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