LL-L "Language politics" 2009.09.26 (01) [DE-EN-NDS]

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Sat Sep 26 16:12:56 UTC 2009


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L O W L A N D S - L - 26 September 2009 - Volume 01
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Language Codes: lowlands-l.net/codes.php
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From: Hannelore Hinz  <HanneHinz at t-online.de>
Subject: LL-L "Language politics" 2009.09.25 (03) [DE-NDS]

Beste Ron,
ick weit gor nich, ob ick di tau Tied "Arbeit" taumauden kann.
Vörweg, so denken wi Lowlanners woll all', dat du ierst mal wedder von de
Pien "flu relapse" afkümmst un di *von Harten Bäternis wünschen. *
Kiek di man, wat nu kümmt, blotsen an, wat soväl heiten sall, dat unserein
ümmer wedder nah LL-L Utkiek höllt un so up diss Oort parat steiht för ein
gaude Nahricht.
Oewer legg  nu ierst mal mien Anter up de hooge Kant.

Dit gellt nu Joachim (Joogen up Mäkelborgsch: *dschoog'n)*
**
*... *wenn ick dien mein richtig utleggt heff, blot kein trüggwarts nah de
ollen formen von middel-nedderdüütsch, blot vunwägen de minnerheiten, dat
heit doch egentlich, man hett bäther woll nicks nich för dat nedderdüütsch
dahn, wi möten vörangahn, so denk ick, sall'n nu miteins de flietigen
plattsnackers, de groten un ierstrecht de lütten ümlihren, denn wier ja all'
uns dauhn för de katt wäst, ick denk, dat kann woll ein stillstahn von ein
sprak gäben, man, ein trüggwarts nah dien denken künn ick nich begriepen.

Reinhard, lat di Tied.

Nu oewer an Ierst' Städ
Bäternis för di.

Ut deipen Harten.

Hanne

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From: Jonny <jonny.meibohm at arcor.de>
Subject: LL-L "Language politics" 2009.09.23 (01) [DE-NDS]

 Beste Lowlanners,

noch ein paar Worte zu Euren Stellungnahmen gegenüber Herrn Wienbarg, der
das Plattdeutsche ausrotten wollte.

Zunächst eine kurze Vita des Verfassers: geboren in Altona, gestorben in
Schleswig, war er ein "schlimmer Aufrührer" seiner Zeit, der als Journalist
die politischen Verhältnisse in Deutschland, vor allem die dänische
Herrschaft über Holstein, anprangerte und ändern wollte. Seine Schriften
waren in mehreren deutschen Duodezstaaten verboten. Mehr könnt Ihr hier
nachlesen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ludolf_Wienbarg



*Reinhard schrieb:*

Unless I totally misunderstand it, the basic premise of the author's thesis
appears to be the typical one prior to the late 20th century: a language is
only then valuable and thus worth saving if it has complex morphological
forms, that languages that do not have developed such forms are "primitive"
and that those that have lost them are "debased".
Ich interpretiere es ein wenig anders (habe aber natürlich den kompletten
Text gelesen): es ging ihm in der Hauptsache um eine Einigung der deutschen
Teil- und Duodez-Staaten zu *einem* Deutschland, und dabei schien ihm
Sprachenvielfalt im Wege zu sein.

This was indeed still the predominant attitude in 1950s Northern Germany. I
am convinced that it is in large part the result of centuries of "classical
education," indoctrination in which the complex grammars of Latin and Greek
were portrayed as being supreme linguistic hallmarks of "true
civilizations."
In der Tat - auch ich verließ die Schule mit Latinum (und ein wenig
Altgriechisch) in der Ãœberzeugung, die "besten" Sprachen der Welt gelernt zu
haben (obwohl ich English und Deutsch wesentlich lieber mochte - wem sag'
ich das...!). Auch heute noch möchte ich meine rudimentären
Latein-Kenntnisse als Grundlage für den romanischen Teil der europäischen
und kleinasiatischen Kultur nicht missen, muss aber mehr und mehr zugeben,
dass ich an der vielbeschworenen Dominanz von z.B. Alt-Latein über die
keltischen und germanischen Sprachen inzwischen etwas zweifle - der Einfluss
war wohl doch nicht ganz so groß, wie bisher angenommen. Erst im Gefolge der
Christianisierung hat das mittelalterliche Kloster-Latein die europäischen
Kulturen dominiert. Zumindest die mitteleuropäischen Germanenstämme hatten
ja bereits Althochdeutsch, das so, wie es uns überliefert ist, eine
Schriftsprache und lingua franca war, demnach wohl eher wenig gesprochen
wurde.


*Marcus schrieb:*

 Harr sik in't 19. Johrhunnert en egen plattdüütsch Bewusstsien billt,
villicht en egen Staat un en egen Standardspraak, denn harr de Spraak
vondaag so bi 25 Millionen Sprekers. Wenn dat so kamen weer, denn weer
Plattdüütsch jüstso en Spraak wesen, as Nedderlandsch oder Rumäänsch. Jüstso
good to bruken, mit jüstso veel Literatur, jüstso licht to bruken för
Quantenphysik un för de Börs un för Opernarien un för Mikrobiologie un
allens annere.

Aber - Schiller (schwäbisch?), Lessing (obersächsisch?), C. F. Meyer
(Schwiizertüütsch?), Gottfried Keller (Schwyzerdytsch?),
Kafka(Tschechisch/Jiddish?), H.C. Andersen (Dänisch/Niederdeutsch?),
Adelbert v. Chamisso (Französisch/Berlinerisch?), Thomas Mann (aus Lübeck,
Niederdeutsch oder Jiddisch?), Franz Werfel (KuK-Österreichisch) etc. in
einer oder mehreren Fremdsprachen lesen, die Voß'sche "Odyssee" in Platt?
Nein, danke! Die unbestreitbare Vielfalt der "Hochdeutschen" Literatur wäre
vielleicht gar nicht erst entstanden.
Und was wäre aus der Reformation ohne Luthers Bibelübersetzung geworden
(auch wenn der "kleine Untertan" die Predigt immer noch nicht recht
verstehen konnte...)?
Vatikanischer Konservativismus, katholische Macht- und Habgier hätten (noch
viel länger)eine Weiterentwicklung in Wissenschaft und Technik nur dort
gestattet, wo es dem Pabst in die Mütze und ins Portemonnee passte.
Im übrigen: 25 Mio. Sprecher? Ohne die seinerzeitige nationalistische
Bewegung, die letztlich zur Einigung Deutschlands führte, hätte
Holstein vermutlich längst (oder immer noch?) Dänisch als Amtssprache,
"Hanover/Lower Saxony" als Teil des U.K. vermutlich Englisch, Mæklenbørg
vielleicht Schwedisch, und große Teile Westfalens sprächen vermutlich
Französisch.


*Hannelore schrieb:*

Jonny Meibom schreew:
"Dat weer 1834 so, un dat is ok 2009 noch so. De herrschenden Eliten hebbt
dor keen Intress an. De wüllt lüttje Carl Klinkes un Dieterich Heßlings."

Beste Hanne - dat hett uns Marcus schräven ;-)!


*Marlou meint:*

(über die 'Thatsache', dass im Bürgertum und an deutschen Unis seinerzeit
noch überall Platt gesprochen wurde)

Ich würde gern das Keifen von 20, 200 oder 2000 solcher Missgünstlinge
ertragen, wenn dafür wir diese von ihnen so gescholtenen Verhältnisse wieder
eintauschen könnten...
Ja - in der Tat: DAS waren noch Zeiten!!


*last, but not least - Joachim Kreimer:*

Dem anpassler un natsionalistisken iiwerer Wienbarg gonk de sülfststännige
beldungsentwiklenge van de lütken lüüe men am äss vorbii!
(Mann, mann - das westfälische Platt ist immer wieder eine Herausforderung
für mich! "iiwerer" - hat lange gebraucht, DAS zu verstehen ;-)! Gut, dass
wir im Notfalle noch immer alle auf Hochdeutsch oder Englisch zurückgreifen
können ;-)!)
Nee - ein "Anpassler" war er sicher nicht, er war (s.o.) ein Heißsporn und
Aufrührer!

Ümme Platdüütsk wir tou en kultursprauke to maaken (un sii dat för 'ne lütke
minnerheyt), mot me wual up de aulen fuormen un wœrde van'm Middelsassesken
torüggriipen.

Joachim - damit wird Platt aber zu einer Sprache der Privilegierten, der
Intellektuellen. Als ich a.d. 1956 auf die Dorfschule kam, waren da einige
Kinder, die konnten nicht richtig Platt, weil sie Hochdeutsch lernen
sollten, und nicht richtig Hochdeutsch, weil sie vorwiegend Platt sprachen.
Heute würden sie Förder-Unterricht bekommen, damals bekamen sie Prügel. Und
später keinen gescheiten Beruf!
Ähnliches erleben wir heute schon wieder: Kinder mit dem schönen
"Migranten-Hintergrund" verstehen in der Schule nichts, weil sie zu Hause
eine andere Sprache sprechen, als auf der Straße mit anderen Deutschen oder
Migranten mit wiederum anderem sprachl. Hintergrund. Als Wahl-Berliner weißt
Du besser als ich von den Missverhältnissen, insbesondere in türkischen
Familien: kein akzeptables Deutsch, aber auch kein richtiges Türkisch mehr,
und der arabische Koran wird, mehr schlecht als recht, auswendig gelernt.
Der Stoff, aus dem Probleme wachsen!!

 Three cheers für eine einheitliche Standardsprache - ich liebe Hochdeutsch
als erste und wichtigste Säule mitteleuropäischer Kultur, und Plattdeutsch
ist mein Luxus!
Gönnen wir uns alle noch ein wenig davon...

 Allerbest!

Jonny Meibohm
Lower Saxony, Germany

(PS: Gute Besserung an Reinhard!)

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