LL-L "Etymology" 2009.04.22 (02) [LS/German]

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Wed Apr 22 20:34:49 UTC 2009


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L O W L A N D S - L - 22 April 2009 - Volume 02
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From: Hannelore Hinz  <HanneHinz at t-online.de>
Subjekt: LL-L "Etymology" 2009.04.21 (05) [E/LS]

Best' Fründ Ron,

eine Frage blieb noch offen.
**
*schicht ~ schift*
*schichtig ~ schiftig ~ shifty ~ schuftig (labial assimilation)*
**
Wie kann ich *labial assimilation *auslegen. Labial mit den Lippen gebildet,
Assimilation : anpassen.

Lauttafel unter Artikulation:
                 stimmhaft stimmlos Orales Nasales Dauerlaute Engelaute
Verschlußlaute
Lippenlaute      m           p               b         m
m                                b
Bilabiales         b
p                                                                p
Lippenzahn-     w            f                w
w            w
laute
Labio-
f                              f              f
dentales

s. Handreichungen für den Unterricht im Sprechen von Georg Zöppel.

DEUTSCHE SPRECHÃœBUNGEN mit Ausspracheregeln K.L. HARTH
enthält andere Übersichten, die sich aber sinngemäß mit Zöppel gleichen.

Man sagt ja, es gibt keine dumme Frage, meine steht am Anfang dieser Mail.

Mir kam der Gedanke wie ein "Lippenbekenntnis", nicht ernstgemeintes
Bekenntnis.

Und nun grüße ich mit Zungenspitzen-Zahn-Laut mit Lippenvorstülpung
stimmlos
                      'Sch'  üß!  (Koronal-Dental-Labiales)

                       Hanne

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From: R. F. Hahn <sassisch at yahoo.com>
Subject: Etymology

Dag ook, leve Hanne!

Daar hest maal wedder good uppasst, di Gedanken maakt un klook wat fraagt.

Unter gewissen Voraussetzungen ist in der Lautlehre der Gegensatz
*Frikativ*(Reibelaut) –
*Plosiv* wichtiger als andere Artikulationsaspekte. Hier geht es weniger um
Lippen- und Zungenstellung als darum, wie ein Laut *klingt* und mit welchem
anderen Laut er als solcher verwechselt werden kann. Solche Verwechslungen
können schließlich in gewissen Sprachvarianten zu dauerhaften Verschiebung
führen.

In gewissen britischen und australischen Idiolekten
(Einzelpersonen-Varianten) des Englischen und auch in einigen Soziolekten
(Gruppenvarianten) wird das *th* labiodental [f] und [v] statt "richtig"
interdental [θ] und [ð] ausgesprochen; z.B. *through* = *fru*, *think* = *
fink*, *that* = *vat*, *father* = *faver*, *mother* = *movver*. Ich nehme
an, es kommt darauf an, welcher angeblich ähnlich klingende Laut von den
Sprechern als leichter auszusprechen empfunden wird. Im starken deutschen
Akzent entspricht dies den Frikativen [s] und [z] (*through* = *sru* *think*=
*sink*, *that* = *zat*, *father* = *fazer*, *mother* = *mazzer*). Im
irischen Englisch ist jedoch die Zungenstellung wichtiger als die Reibung;
die Entsprechungen sind in diesem Fall die dental ausgesprochenen Plosive *t
* und *d* ([t̪] und [d̪], *through* = *tru* *think* = *tink*, *that* = *dat*,
*father* = *fader*, *mother* = *modder*).

Ich nehme fernerhin an, dass in den niederdeutschen (also niederfänkischen
und niedersächsischen) Sprachen und auch im Deutschen im späten Mittelalter
etwas Ähnliches stattgefunden hat (also im Mittelniederländischen,
Mittelsächsischen und Mitteldeutschen), und zwar mit Hinsicht auf *ch* ~ *f*.
Beide Laute sind Frikative, das erste velar und das zweite labiodental.
Somit hat das Niederländische z.B. *graf, graven* und *gracht* von der
selben Quelle, wo anscheinend das *-t* die Verschiebung *graft* =>
*gracht*verursachte. In den meisten niedersächsischen Dialekten ist
*Graft* die Entsprechung; nur in gewissen Dialekten im fernen Westen heißt
es *Gracht*. Die heutzutage selten benutzte deutsche Entsprechung ist
(weiblich) "Gräfte" (also ein schmaler Stadtkanal, ähnlich dem Fleet in
Hamburg). Etwas Ähnliches ist wohl im Fall von *schift ~ schicht* geschehen.

Hold di fuchtig!
Reinhard/Ron
Seattle, USA

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